Der Breitwegerich (Plantago major L.)
Der Breitwegerich ist wohl überall auf Feldwegen auffindbar. Gestern haben wir Allgemeines zur Wegerich-Familie (Plantaginaceae) und vom Spitzwegerich (Plantago lanceolata L.) gelesen. Heute möchte ich mich speziell mit dem Breitwegerich beschäftigen.
Zuerst einmal die botanischen Merkmale:
Der Breitwegerich formt relativ breite, ovale, stängellose Blätter aus. Und auch sein Blütenstand erhebt sich auf einem kürzeren Stängel, als beispielsweise jene des Spitzwegerichs. Seine großen Blätter unterdrücken in der Wiese die benachbarten Pflanzen (daher wird der Breitwegerich auch „verdämmendes Unkraut“ genannt). Sein Wurzelstock ist langfasrig. Und seine Blätter sind 5- bis 9-nervig, etwa 1 1/2 mal so lang wie breit – sie bilden eine grundständige Blattrosette.
Die Früchte formen eiförmige Kapseln mit jeweils sechs bis zwölf lichtbraunen Samen. Bei nassem Wetter quillt die Außenschicht dieser Samenkapseln zu einer klebrigen, gallertartigen Masse auf. Und die Samen selbst sind ein beliebtes Vogelfutter („Vogelwürstel“), wohl jedem Vogelliebhaber gut bekannt.
Breitwegerich wächst gerne auf verdichteten Böden mit hohem Lehmanteil, ganz besonders aber auf vielbenutzten Wegen. er ist sozusagen trittbeständig, eine typische „Betritt-Pflanze“ also.
Heilkundliches
Nach Madaus[1] sind Breitwegerich, Spitzwegerich und auch der mittlere Wegerich in ihrer Wirkung und Anwendung übereinstimmend. Es kann daher zu keinen Problemen bedingt durch eine Verwechslung kommen.
Die Hauptindikationen für den Breitwegerich sind vor allem Zahnschmerzen (auch in Folge von Karies!), neuralgische Ohrenschmerzen, sowie Störungen im Verdauungsbereich.
[1] Madaus, Jahrbuch 193
Ebenso wie der Spitzwegerich kann der Breitwegerich bei allen Arten von Blasenleiden eingesetzt werden.
Auch der Breitwegerich wird in der Volksheilkunde auf Wunden aufgelegt. Vor allem aber hilft der Breitwegerich gegen Blasen. Schon in einem Kräuterbuch des 12./13. Jahrhunderts steht folgendes Rezept: „Swaz siechtuomes du an den füezen hast, so nimm wegerich und mule den mit einem chleinen salze und lege den daruber, so wirt dir baz.“
Die Wurzel des Breitwegerichs gab man früher Wöchnerinnen bei Blutungen (Lepechin, 1768). Bei Harnverhalten bei Kindern gab man eine Abkochung der reifen Samen.
Breitwegerichöl wird gerne bei Hauterkrankungen gegen Jucken und Brennen eingesetzt
Inhaltsstoffe:
Die Blätter des Breitwegerichs enthalten vor allem Kaliumsalze, Zitronensäure, Aucubin, die Enzyme Invertin und Emulsin.
Homöopathie:
In der Homöopathie wird der Breitwegerich bevorzugt und vor allem bei Wundschmerzen, Mittelohrproblemen und Bettnässen eingesetzt.
Tee und Sirup
Breitwegerich schmeckt herb-frisch, zusammenziehend, eventuell auch ein wenig bitter, wenn die Blätter bereits älter sind. Man kann ihn – wie auch die anderen Wegeriche – für Salate und Wildkräutermischungen verwenden, allerdings muss er zuvor sehr gut zerkleinert werden, weil die Blätter eher zäh sind.
Für Tee und Sirup bereitet man ihn gleich wie den Spitzwegerich zu.
Breitwegerichsuppe
Eine helle Einbrenn wird mit Suppenfond aufgefüllt. Die feingeschnittenen Wegerichblätter hineingeben (vorher gehören die Blattrippen entfernt – die sind zu hart zum Essen).
Eine Viertelstunde kochen. Mit Petersilie bestreuen und mit gerösteten Brotwürfeln servieren.
Alternativ:
Pro Person 1 Handvoll junger Blätter (auch Knospen, Blüten, Samen können mitverwendet werden) sehr klein schneiden. 1 EL gehackte Zwiebel in wenig Butter andünsten.
Mit ca. 100 ml Gemüsebrühe pro Person sowie ca. 80 ml Milch ablöschen. Ca. 20 Minuten köcheln lassen (wenn man sie kürzer kocht, dann wird sie bitter!). Es entwickelt sich ein champignonartiger Geruch. Mit ca. 1 TL gehackter Wildkräuter und einer Prise Muskat abschmecken, eventuell einen EL Rahm einrühren. Mit Wegerichknospen und –blüten und mit Gänseblümchen bestreut servieren.
Dann wäre da noch der
Mittlere Wegerich (auch Weidewegerich – Plantago media L.)
Wie der Name schon sagt, ist der Mittlere Wegerich quasi ein Mischling zwischen Spitz- und Breitwegerich.
Auch beim Mittleren Wegerich findet sich die typische Blattrosette, seine Blätter sind eher elliptisch geformt und leicht behaart. Sie sind ungestielt bzw. nur ganz kurz gestielt. Die Blütenähren sind walzenförmig und sie stehen an einem langen Stängel. Die Staubfäden sind beim Mittleren Wegerich hell-lila. Und auch bei ihm finden sich am Stängel keine Blätter, ebenso wie bei Breitwegerich und Spitzwegerich.
Verwendet wird der Mittlere Wegerich ebenso wie seine Elternpflanzen.
Hirschhorn-Wegerich (auch Krähenfuss-Wegerich genannt, Plantago coronopus)
Der Hirschhorn-Wegerich ist besonders erkennbar an der Form seiner Blätter: Sie stehen ebenfalls in einer Blattrosette, die aus ziemlich schmalen, gezähnten Laubblättern besteht. Im Gegensatz zu den anderen Wegerichgewächsen verfügen diese Blätter über kurze, zottige Behaarung. Die Rosette kann bis zu 25 cm Durchmesser erreichen. Der Blütenstängel ist blätterlos, länglich walzenförmig, und aus den Blüten bildet sich eine ein- bis fünfsamige Kapselfrucht aus.
Die Wurzel bildet sich zur Pfahlwurzel aus, auf diese Weise kann der Hirschhorn-Wegerich auch kalte Winter gut überstehen. Er mag gerne salzhaltigen Boden und findet sich oft an den Meeresküsten. Bei uns kann er im Garten gezogen werden.
Kulinarisch:
Hirschhornwegerich wurde bereits im 16. Jahrhundert als Salatpflanze oder Gemüse verspeist.
In der Toskana und der Schweiz (Tessin) sind auch heute noch besonders die jungen Blätter begehrt, auch die Blütenknospen werden gegessen (barba die frati – „Mönchsbart“).
Ältere Blätter schmecken bitter. Sie haben einen nussigen Geschmack und können sehr gut verkocht werden.
Topfenaufstrich mit Hirschhornwegerich
- 10 Blätter vom Hirschhornwegerich, klein gehackt
- 1 kleine Zwiebel
- 2 Zehen Knoblauch
- ¼ kg Speisetopfen
- 2 Esslöffel saurer Rahm
- 1 Spritzer Zitronensaft
- Salz
- 1 Prise Zucker
- Senf
- Pfeffer
Topfen mit saurem Rahm glattrühren, die gut gewaschenen, klein gehackten Wegerichblätter hineinmischen und mit den restlichen Zutaten gut abschmecken.
Salat mit Hirschhornwegerich
3 Handvoll Hirschhornsalat
1 Handvoll Rucola2 Birnen
100 g junger Parmesan
für die Salatsauce:
Olivenöl
Aceto balsamico bianco
Pfeffer, Salz, etwas Zitronensaft
Salatsauce mischen, Birnen vierteln, Kerngehäuse entfernen, in feine Scheiben schneiden und mit der Salatsauce marinieren, damit sie nicht anlaufen.
Die gewaschenen Salate trockenschleudern und mit Birnenscheiben und mit dem Käsehobel abgehobelten Parmesanstreifen in eine Schüssel schlichten.
Mit ein paar Nüssen dekorieren und mit der restlichen Salatsauce übergießen.
Geschichtlich
Der Hirschhornwegerich ist schon im Mittelalter durch Hieronymus Bock (Mediziner und Botaniker) beschrieben worden: „Das zehe Rappenfüßlein mit seiner Wurtzel ist derhalben teuglich in der speisen / denen so stäte Bauchflüß haben. Das Kräutlein würd sonst allein zum Salat erwöhlet. Bekompt denjenigen wol / so mit dem Stein behafftet. Dann es sterckt und kühlet die Nieren: und ist gut für das blut harnen.“
Flohsamen (Psyllii semen)
Flohsamen stammen von verschiedenen Pflanzen der Familie der Wegerichgewächse. Vor allem der Sandwegerich und der Strauchwegerich sind die „Spender“ ihrer Samen.
Man verwendet Flohsamen als mildes Abführmittel – sie quellen im Wasser auf das 15fache ihres ursprünglichen Volumens auf. Der hohe Schleimgehalt verleiht ihnen ihre Bedeutung in der Heilkunde. Dieser Schleimgehalt beträgt ca. 10 bis 12 % und befindet sich vor allem in der Samenschale. Schleime sind chemisch gesehen Polysaccharide, die in Wasser gut quellen können.
Flohsamen werden ganz oder in Pulverform als mildes Abführmittel eingesetzt. Die aufgequollene, gelartige Masse macht den Darminhalt geschmeidiger und voluminöser. Durch die Dehnung der Darmwand wird die Peristaltik angeregt.
Man setzt Flohsamen aber auch ein, wenn die Darmentleerung erleichtert werden soll, wie z.B. bei Hämorrhoiden
Die Polysaccharide des Schleims können im Dickdarm teilweise abgebaut werden, dadurch entsteht u.a. auch Buttersäure. Diese Säure fördert die Darmbewegung und die abführende Wirkung noch zusätzlich. Beim Abbau der Polysaccharide entstehen aber auch Gase wie Wasserstoff und Methan, was natürlich bei der Einnahme von Flohsamen auch zu Blähungen führen kann.
Nimmt man übrigens langfristig täglich 10g Flohsamen ein, so reduziert sich der Cholesterinspiegel nachweislich. Man vermutet, dass das Gel der Samen Gallensäuren bindet, die mit dem Stuhl ausgeschieden werden. Die Leber muss also aus Cholesterin neue Gallensäuren bilden.
Flohsamen helfen übrigens auch beim Abnehmen: nimmt man sie vor der Mahlzeit ein, so quellen sie im Magen auf und verringern das Hungergefühl.
Hydrolat aus Breitwegerich, Spitzwegerich oder Mittlerem Wegerich
Ja, destillieren kann man die Wegeriche auch. Was macht man aber mit ihrem Hydrolat? Und ein ätherisches Öl aus Wegerichen kenne ich auch nicht…
In einem alten Destillierbuch steht: „Wegerichwasser des breiten ist gut für die rur … oder mit dem stein Amatisten zutrincken, …und stillet auch den frauen ihren siechtagen. Item der spitzig Wegerich ist gut zu den wunden / wenn man sie damit wescht / so reinigt er die und heilet sie.“ Das bedeutet für mich übersetzt, dass man das Breitwegerich-Wasser (also das Hydrolat) als gutes Mittel gegen die Ruhr eingesetzt und gemeinsam mit Amethyst angesetzt hat. Man meinte auch, dass es den Frauen an ihren „Tagen“ helfen könnte. Und der Spitzwegerich sei eben gut zum Auswaschen von Wunden.
Wenn Sie darüber mehr lesen wollen, möchte ich Ihnen mein Buch „Hydrolate – Sanfte Heilkräfte aus Pflanzenwasser“ empfehlen (mit einem Klick zur Buchbeschreibung!). Das Buch ist in der Erstauflage bereits im Jahr 2012 im Freya-Verlag erschienen. Derzeit in der 5. aktualisierten Auflage (mit Video-Bonus) erhältlich im gut sortierten Fachhandel bzw. bei Amazon.
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